Gegen 11 Uhr sieht die Gruppe zwei Wölfe oberhalb des Hofes die Strasse entlang spazieren. «Wir haben noch gesagt: ‹Hei, mitten am Tag vor dem Mittag laufen die einfach hier oben durch›», sagt Rhyner Luchsinger.
Es folgt die erschreckende Erkenntnis: Sebastian, der am Hügel im Schnee spielt, ist nur etwa 50 Meter von den Wölfen entfernt. «Sebastian hat die Wölfe vor uns gesehen, bekam Angst und ist in unsere Richtung losgerannt», sagt Rhyner Luchsinger. «Einer der beiden Wölfe ist dann ihm hinterhergelaufen», erzählt die Mutter weiter. Der andere Wolf sei stehen geblieben und habe die Situation beobachtet. «Wir haben nur noch geschrien und geschrien und sind gerannt und gerannt», berichtet Rhyner Luchsinger. Mit «wir» meint sie sich und ihre Kollegin Barbara Bäuerle. «Ich hatte Todesangst um mein Kind», sagt Helen Rhyner Luchsinger.
«Es war ein Gefühl der extremen Machtlosigkeit», sagt Barbara Bäuerle mit heiserer Stimme. Sie hätten zu dritt gerufen und der Nachbar sei mit dem Auto zum Hof gefahren. «Aber die zwei Wölfe reagierten nicht», so Rhyner Luchsinger. Erst als das Kind in den Armen der Mutter angekommen und nicht mehr gerannt sei, sei der Wolf nicht mehr weiter hinterhergelaufen. Die beiden Wölfe seien dann gemütlich wieder hochgelaufen, sagt Rhyner Luchsinger.
Der Kanton reagiert
Um Elm hat es im Januar immer wieder Sichtungen von Wölfen gegeben. Man habe gewusst, dass die Wölfe hier in der Umgebung sind, sagt Rhyner Luchsinger. Man habe den Kindern immer gesagt, solange Erwachsene in der Nähe seien, müssten sie keine Angst haben. «Das ist für mich jetzt nicht mehr der Fall», sagt die Elmerin.
Helen Rhyner Luchsinger schreibt über das Erlebte in einem offenen Brief an den Regierungsrat. Auf den sozialen Medien verbreitet sich dieses Schreiben rasant.
Am Freitagmorgen teilt der Kanton Glarus mit, dass er eine sofortige Abschussverfügung für zwei Wölfe erlässt. Seit Mitte Dezember 2024 habe es immer wieder Sichtungen von Wölfen in Siedlungsnähe in Engi, Matt und Elm gegeben. Darunter auch die Sichtung von Stefan Androschin, der einen Wolf vor seiner Haustüre in Matt sitzen sah.
Der Entscheid des Kantons sei für sie eine grosse Erleichterung, sagt Rhyner Luchsinger. Aber es gebe um Elm noch viele andere Wölfe. Die Angst bleibe darum weiterhin. «Ich appelliere, dass sie dranbleiben an der Wolfsregulierung», sagt Rhyner Luchsinger.